Viertes Kapital - Exitus Orm

Ich habe gesagt, dass man das Orm nicht unterdrücken soll. Man soll es möglichst lange versuchen zu bändigen, indem man es vor dem geistigen Auge visualisiert, aber manchmal misslingt das. Genauso wie es bei einer Tiefkühlpizza einen Zeitpunkt gibt, an dem sie einfach ungenießbar wird, weil sie zu  lange im Ofen ist. Genauso ist das mit dem Orm. Trotz aller Konzentration schafft man es nicht die Idee wirklich in ihrer simplen Schönheit festzuhalten oder man lagert sie zu lange und sie wird überreif und faulig. Was das Orm jetzt von der schwarzen Tiefkühlpizza unterscheidet, ist das Faktum, dass das Orm eine Energie ist und wenn man diese Energie nicht rauslassen kann, weil man etwas nicht aufschreiben kann, dann wird diese Energie fuchsteufelswild. Es gibt so Augenblicke, in denen man nicht schreiben kann z.B. beim Autofahren und es ist in diesem Moment auch gut nicht zu schreiben, aber die Konsequenzen können ungeahnte Ausmaße annehmen. 

Dass das Orm faulig und überreif geworden ist, merkt man meist daran, dass die Idee sich in der Brust ausgefranst hat. Im Kern ist sie noch vorhanden, aber die hat sich tief ins Herz gekrallt, weil der Körper versucht hat, sie zu fesseln. Der saubere Einzelstrang, den man so gut hätte aufschreiben können, ist futsch und das Knäul kann nicht aufgeschrieben werden, weil es zu viele Anfänge und Enden hat.  Man ist also in einer echt beschissenen Zwickmühle: die Energie will noch raus, kann aber nicht. Es ist sehr schwierig diese Energie noch zu klären und langsam zu verbrauchen, meist entgleitet sie einem völlig und richtet in ihrer Gespanntheit viel Schaden an. Das eingesperrte Orm ist wie ein Tier im Käfig, es kommt nicht raus und beginnt auf und ab zu tänzeln. Irgendwann attackiert es die Käfigstäbe und versucht sich seine Weg frei zu beißen. Wenn sich dieser Kampf in deiner Brust anbahnt, dann ist es bereits zu spät. Ich kann hier keine allgemeinen Tipps geben, höchsten aus meiner Erfahrung sprechen.

Bewältigung muss man selbst finden oder man muss da durch. Solltet ihr in diese Situation kommen, dann distanziert euch erstmal von anderen Menschen, denn das Orm ist in diesem Zustand nicht nur für einen selbst sondern auch für andere Menschen eine akute Gefahr. Ich selbst litt mal unter einem Orm Exitus und habe dabei unfreiwillig meine halbe Familie angeschrien. Vermeidet solche zusätzlichen Konflikt, indem ihr euch rechtzeitig zurückzieht. 

Wie genau sich ein Exitus Orm anfüllt, kann nur jeder für sich entdecken. Ich habe dann manchmal das Gefühl, dass sich in mir ein schwarzes Loch befindet, dass alles Schöne in mir verschlingt. Selbst die schönsten Gedanken werden schwarz und ich zweifle an allem. Es ist ein zustand miesester Agonie und man kann sogar dazu neigen, sich selbst etwas anzutun. Daher sind Abbaumethoden um so wichtiger, damit die Energie wenigsten ein wenig gebändigt wird. Zur Not: einfach einmal draußen um den Block laufen. Manchmal vergehen diese Gefühle schnell und manchmal gar nicht. Das kann man gar nicht beeinflussen. Wenn sie lange andauern und keine Hoffnung in Sicht ist, dann kann es auch zu echten körperlichen Symptomen kommen, wie Einschlafschwierigkeiten trotz hoher Müdigkeit oder extremer Unruhe. Da muss leider einfach durch, denn wer jetzt noch versucht das Orm weiter klein zu halten, von dem will ich gar nicht wissen, was mit ihm passiert. Meine Devise war daher immer: lieber für sonderbar gehalten werden, so akzeptiert zu werden und die positiven Ormräusche genießen, als die Situation zu kontrollieren aber das Orm zu verlieren. 

Dass das Orm erstmal einen geweisse Zeit euch meidet, nach einem unglücklichen Exitus Orm, ist völlig normal, es ist ein Abwehrmechanismus des Körpers im Vorfeld, der sich mit der Zeit selbstbehebt. Aber das Orm kommt irgendwann von ganz alleine zurück zu euch. Gebt euch nur die Zeit. Wenn ihr euren kleinen Bruder beißt, dann wird er nicht eine Stunde später wieder mit euch kuscheln, aber irgendwann schon. Denn auch das Orm verzeiht.

Dieser Artikel ist etwas radikaler geworden, was daran liegt, dass  ich beim Schreiben unter den Auswirkungen eines Exitus Orms einer anderen Idee litt. Also bitte ich euch meine Ausdrucksweise nicht persönlich zu nehmen. Es ist einfach so. Das Orm ist eine wunderschöne Energie, mit katastrophalen Nebenwirkungen, wie Strom. Und ja, manchmal sucht es sich definitiv die falschen Momente für einen Rausch aus!

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