Kapitel fünf - Die Hungerzeit

Hier stehe ich nun.  Allein. Und muss mir endlich eingestehen, dass ich mein Orm eingebüßt habe. Ich fühle mich leer und steinern. Kein kreativer Gedanke findet den Weg mehr vom Herzen auf das Blatt und ich schäme mich. Vielleicht könnte ich eine Geschichte mit dem Titel "Wie ich mein Orm verlor" verfassen, aber ich denke, dass diese Geschichte grausam werden würde. Für jemanden, für den das Schreiben eine nahezu essentielle Sache geworden ist, für den ist eine solche Hungersnot schlimmer als jeder Alptraum, ist es wie Folter. Man fühlt sich hungernd, obwohl man isst. Es dürstet einen nach Literatur, aber jeder Tropfen davon vertrocknet in dem Augenblick, in dem er deine Zunge berührt. Man fühlt sich wie ein Kerze, klein und mit jeder Sekunde, die verstreicht, kommt man dem Ende ein Stück näher.  Ja, es gehört dazu und man könnte mir schon beinahe Depressionen vorwerfen. Ich frage mich doch schon selbst die ganze Zeit, was ich tun soll? Jeder jungen kreativen Energie, die sich in meiner toten Brust manifestiert, schreibe ich auf, aber sie sind so klein und mickrig. Es sind Frühchen. Kinder, die zu früh geboren werden, nur weil ich in meiner Hungerzeit Angst habe, sie gänzlich zu verlieren. Doch was, kann ich meinen Leserinnen und Lesern raten? Kann ich ihnen etwas raten? Nur nicht aufzugeben. Mehr nicht. Es mag sich simpel anhören, aber man kann nur warten. So wie der Seemann abwarten muss, wenn sein Boot in einer Flaute hängt. Und alles, was man machen kann ist lesen, essen und trinken. Einmal kommt alles zurück. Hoffe ich zumindest. Und wer weiß, vielleicht schlummert ja auch in dieser grauen Zeit eine Idee, die irgendwann geboren wird und dann zu etwas so Vollkommen heranwächst, dass man dankbar ist, dass man diese Zeit hatte. Ja vielleicht ist dem so. Und eines Tages wird alles besser. Verzagt nur nicht, und gebt nicht auf. Ihr seid in einem Dilemma, aber dass heißt nicht das ihr Remis seid. Und auch nicht schachmatt.

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