Sechstes Kapitel - Das Ebenenprinzip

Eine Geschichte ist so individuell wie ihr Schreiberling. Niemand schreibt Geschichten wie ein Anderer und das ist auch gut so. Besonders schön wird es sichtbar, wenn man eine größere Gruppe zu einem Thema einzelne Geschichten schreiben lässt. Sie sind alle anders, wenn auch nur auf den zweiten Blick. Das hat etwas mit dem Denken der einzelnen Personen zu tun, denn auch das ist so individuell wie die einzelnen Menschen. Heute will ich euch aber die Grundprinzipien von Geschichten näher erläutern, so wie ich sie definiere. Ich teile sie dafür in verschiedene Ebenen auf. 

Ebene 1 - Der äußere Rahmen

Wie man einen Geschichte schreib, bleibt einem selbst überlassen. Wie viele Personen man auftreten lässt und welche Eigenschaften sie besitzen, kann sich während des Schreibens entscheiden oder vorher schon festgelegt sein. Mein Tipp bei Kurzgeschichten das Orm eher fließen lassen und schauen, wohin es fließen will. Das Orm führt deinen Hand und es weiß, was es will. Für das Schreiben von Romanen, Novellen oder Sachtexten ist ein vorher erstellter Aufbau jedoch von Vorteil. Er gibt feste Orientierungspunkte und sorgt dafür, dass man nicht alles doppelt und dreifach erzählt. Wenn du dich beim Schreiben auf Basis von Protokollen oder Erinnerungen stützt, dann reicht das meistens auch schon. Zudem ist das eine gute Übung, wieder in das Schreiben zu finden.

Ebene 2 - Die erzählende Ebene

Aus welcher Perspektive sich deine Geschichte selbst erzählen will, entscheidet sich meist schon in der Wiege. Ist es eine Geschichte, die aus der Sichte eines der Charakter erzählt wird, so eignet sich dabei die Ich-Perspektive oder schwere die Dritte-Person-Perspektive. Letztere ist schwieriger zu gestalten, da man leicht dazu neigt, in die altruistische Perspektive, also die allwissende Perspektive abzudriften. Es gehört viel Übung dazu, die Gefühle einer Person in der letzten Perspektive darzustellen. In einzelnen Sätzen mag es leicht erscheinen, doch in einer Geschichte über mehrere Seiten gerät man leicht ins Stolpern. Die andere Art und Weise des Schreibstils ist die altruistische Perspektive. Dabei schwebt der Autor als mächtiges Wesen über der Szenerie und beschreibt beide Seiten und alles, was er sehen kann. Er kann dabei durch Türen und Wände sehen und alles beschreiben. Dabei sollte der Autor jedoch nicht in Wertung verfallen, es sei denn, dass ist ausdrücklich gewollt.  Ich gebe euch jetzt einige Beispiele, wie ein- und dieselbe Situation in verschiedenen Stilen klingen kann: 

 

Protokoll:

Eine Frau wird von einem Mann angestarrt und fühlt sich dadurch unwohl. 

 

Ich-Perspektive: 

Seine Blicke durchbohrten mich gerade zu und erweckten unter meiner Haut ein Gefühl, das diffuser nicht hätte sein können.

 

dritte-Person-Perspektive:

Die Frau, ihr Körper hatte sich unwohl klein zusammengezogen. Ihre Augen erfassten den Grund dafür, dass sie sich machtlos und eingeengt fühlte, in Form eines kleinen dicken Mannes am anderen Ende des Ganges, dessen Blicke sich auf sie gelegt hatten.

 

altruistische Perspektive:

Der Mann, der halb verborgen hinter einer Pflanze stand, hatte seinen Blick auf eine Frau geheftet. Seit er sie angeschaut hatte, war sie kleiner geworden und auch die Frau, hatte das gespürt, denn unruhig wanderten ihre Augen durch die Gegend, um den Grund dafür auszumachen.

 

Das wahr nur einen kleine Kostprobe der verschiedenen Stile, die man nutzen kann. Ich persönlich nutze entweder den ersten oder den letzten,  einfach weil es einen schöneren Fluss ergibt. Spannend wird es, wen man in einer Geschichte es schafft, verschiedene Stile so zu vermischen, dass es beim ersten Lesen nicht weiter auffällt, aber dennoch man eine Veränderung wahrnimmt. Es ist reine Übungssache. Und es bleibt jedem selbst überlassen, wie er schreiben mag. Jedoch sind natürlich gewisse Eigenschaften für die Schreibstile wichtig. Für 1 und 2 sollte eine gewisse Form von Empathie vorhanden sein, da es ja Ziel ist, sich in die Person hinein zu versetzen. Der dritte Stil erfordert eine kreative Fantasie in der Beschreibung der Umgebung und der Situation.

Ebene 3 - Durch die Dimensionen

Jeder der schon mal in einem 4D Kino gesessen hat und sich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hat, der weiß wie ich das meine. Versuche in deiner Geschichte alle 5 Dimensionen deiner Sinne zu erfassen. Einen Sinn wegzulassen kann fatal oder große Kunst sein. Lass deine Figuren und somit auch deinen Leser alles sehen, riechen, hören, erspüren und schmecken. Dann wird deinen Geschichte lebendig und bunt. Andererseits kannst du den Leser auch dadurch foltern, dass du die Hauptebene rauslässt. Beschreibe den Geschmack eines Zitroneneises ohne deinen Figur schmecken zu lassen. Mit Glück wird dein Leser das Buch nicht weglegen, sondern wir versuchen, sich den Geschmack zu erlesen. Die sogenannten sechsten Sinnen fallen fallen entweder in einen der normalen Sinne oder in die Beschreibung von Umwelt, z.B. das Knistern von Elektrizität in der Luft.

Ebene 4 - Weben oder Verstricken

Meine letzte Ebene fällt ein wenig in den Bereich der ersten Ebene mit hinein, da man den Aufbau seiner Geschichte wie gesagt vorher festlegt, oder sie fließen lässt. Du kannst chronologisch erzählen, dann webst du eine Geschichte. Immer eine neue Reihe. Oder du strickst sie. Du machst Schlaufen, die alte Geschichtsstränge wiederaufnehmen oder greifst vor. Webende Aufbaumethoden sind gut für Trivialliteratur geeignet. Du schreibst runter und einen Sache passiert nach der anderen. Das kann auch schön sein. Stricken ist schwerer, denn du verwirrst den Leser durch deine Schlaufen. Du lässt ihn hungern, indem du einen spannenden Strang kappst und erst später wieder aufnimmst. Oder du belohnst ihn wie einen treuen Hund. Das Ganze ist ein Spiel, aber du solltest das Spiel so gestalten, dass der Leser dein Buch nicht in die Ecke wirft. Ein gutes Beispiel für strickendes Schreiben - und hier werden alle Schüler aufstöhnen - ist "Im Krebsgang" Von Grass. Und ja, ich war selbst manchmal äußerst frustriert. 

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